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19.05.2022

Woelki gegen Bildzeitung: Berichterstattung teils zulässig, teils unzulässig

Das Landgericht (LG) Köln hat in zwei Urteilen über die Berichterstattung der Bildzeitung über den Kardinal der römisch-katholischen Kirche und Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki, entschieden. In dem einen Urteil wurde die Berichterstattung in der Online-Ausgabe der Bildzeitung als unzulässig untersagt. Ein weiterer Artikel durfte so erscheinen.

Woelki wehrt sich gegen die Berichterstattung der Bildzeitung in insgesamt fünf Verfahren, denen zum Teil bereits einstweilige Verfügungen vorausgegangen sind. Es geht um die Berichterstattung der Bildzeitung über den so genannten Woelki-Skandal, den so genannten Missbrauchs- und Vertuschungsskandal in der katholischen Kirche sowie über die Beförderung eines Priesters und dessen Vergangenheit.

In dem einen Urteil (28 O 276/21) hat das LG es dem Verlag untersagt, in zwei am 27.04.2021 in der Online-Ausgabe der Bildzeitung veröffentlichten Artikeln mit den Überschriften: "Kardinal Woelki beförderte Missbrauchs-Priester" und "Stoppen Sie den Kardinal! " konkrete Behauptungen zu veröffentlichen. Dies verstoße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.

Die Bildzeitung dürfe unter anderem nicht berichten: "Ungeachtet dessen beförderte Woelki diesen Sexualstraftäter nur zwei Jahre später zum Vize-Stadtdechanten von Düsseldorf." Diese Meinungsäußerung mit Tatsachenkern sei unzutreffend, weil der Priester keine nach dem Strafgesetzbuch strafbare Tat begangen habe. Der Durchschnittsleser verstehe diese Äußerung auch nicht so, dass es sich um einen Verstoß nur gegen das Kirchenrecht handele.

Auch die Äußerung, Woelki habe einen Priester befördert, obwohl dieser zuvor einen Kindesmissbrauch gestanden habe, sei unzulässig, weil dies in mehrfacher Hinsicht nicht den Tatsachen entspreche. Es habe sich in diesem Zusammenhang nicht um ein Kind gehandelt, sondern um einen Jugendlichen, mit dem es zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen ohne gegenseitige Berührungen gekommen sei. Es sei nicht sicher, ob dem Priester die Minderjährigkeit zu diesem Zeitpunkt bewusst gewesen sei. Der Priester dürfe aus diesen Gründen auch nicht als "Missbrauchs-Priester" bezeichnet werden. Daher komme es auch nicht mehr darauf an, ob Kardinal Woelki selbst von diesem Vorfall Kenntnis gehabt habe.

In dem weiteren Urteil (28 O 279/21) hat das LG die Klage Woelkis abgewiesen. Der beklagte Verlag habe den Artikel mit der Überschrift: "Wegen Woelki-Skandal – Treten ALLE deutschen Bischöfe zurück?" so in seinem Online-Portal "bild.de" am 28.06.2021 veröffentlichen dürfen. Der Leser verstehe nämlich die Angaben in dem konkreten Artikel nicht so, dass allein und ausschließlich wegen des "Woelki-Skandals" alle deutschen Bischöfe gegenüber dem Papst ihren Rücktritt anbieten. Der Leser verstehe den "Woelki-Skandal" als mitursächlich. Aus dem weiteren Artikel ergebe sich zweifellos, dass allgemein der "Vertuschungs- und Missbrauchsskandal" in der katholischen Kirche und auch Verfehlungen anderer Mitglieder der katholischen Kirche Hintergrund dieser Überlegungen sei.

Die Bezeichnung als "Woelki-Skandal" sei eine zulässige Bewertung des Sachverhalts, dass in der katholischen Kirche, unter anderem vom Papst selbst, offen kommuniziert wurde, dass Kardinal Woelki in der Herangehensweise an die Frage der Aufarbeitung, vor allem auf der Ebene der Kommunikation, große Fehler gemacht habe. Die Äußerung "Missbrauchs- und Vertuschungsskandal" stelle dabei ebenfalls eine zulässige Wertung dar. Es sei unstreitig, dass es in der katholischen Kirche einen Missbrauchsskandal gebe. Auch sei dieser vertuscht worden.

Dies stehe aufgrund der unstreitigen Tatsache fest, dass ein Gutachten dazu nicht veröffentlicht worden sei.

Es liege in diesem Artikel auch keine Verdachtsberichterstattung, zu dem der Kardinal hätte zuvor angehört werden müssen. Es sei für den Kläger nicht ehrenrührig, wenn ein Geschehen vorliege, dass zulässigerweise als "Woelki-Skandal" beziehungsweise als "Missbrauchs- und Vertuschungsskandal" bewertet werden dürfe und aufgrund dessen ein Rücktritt aller deutschen Bischöfe diskutiert werde.

Laut LG besteht die Möglichkeit, gegen die Urteile beim Oberlandesgericht Köln Berufung einzulegen. Weitere Urteile in den noch anhängigen Verfahren vor dem LG Köln werden nach Angaben des Gerichts am 08.06.2022 und am 22.06.2022 verkündet.

Landgericht Köln, Urteile vom 18.05.2022, 28 O 279/21 und 28 O 276/21